Archäologie: Die "Venus" vom Hohle Fels

In einer Höhle auf der Schwäbischen Alb entdeckten Tübinger Archäologen ein über 35.000 Jahre altes Fruchtbarkeitssymbol - die älteste figürliche Darstellung eines Menschen überhaupt

Die Karsthöhlen in einem Urtal der Donau, dem heutigen Achtal bergen die ältesten bekannten plastischen Darstellungen von Mensch, Tier und Mischwesen. Dabei sind vier Höhlen auf der Schwäbischen Alb durch sensationelle Funde bekannt geworden.

  • Geißenklösterle (Achtal)
  • Hohle Fels (Achtal)
  • Hohlenstein-Stadel (Lonetal)
  • Vogelherd (Lonetal)

Dr. Bertrand Ligouis wurde von der Universität Tübingen beauftragt, die „Venus vom Hohle Fels“ zu untersuchen und eine Dokumentation der Bearbeitungsmuster anzufertigen. Prof. Nicholas J. Conard, Ph.D. (Professor der Älteren Urgeschichte und Quartärökologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen) veröffentlichte den Fund der Venus sowie die Ergebnisse der Untersuchungen in der Zeitschrift „Nature Vol. 459“. Wie auch andere Elfenbeinfiguren aus Hohle Fels wurde die Venus in die Zeit des frühen Aurignacien (ca. 35000 Jahre vor heute) gestellt und ist somit etwa 10000 Jahre älter als die bekannte Venus von Willendorf (ca. 27000 Jahre vor heute, Gravettien). Als augenzwinkernder Hinweis auf die erste plastisch dargestellte Frauenfigur wird die Venus vom Hohle Fels auch als „schwäbische Eva“ bezeichnet.

Steckbrief

Ein Steckbrief von ihr lautet wie folgt:

  • Die schwäbische Eva besteht aus Elfenbein
  • Bis auf den linken Schulterbereich und einen Teil des linken Arms ist die Figur vollständig und gut erhalten
  • Die Venus ist knapp 6 cm groß
  • Sie hat weder Kopf noch Hals
  • Stattdessen ist eine geschnitzte Öse auf den breiten Schultern der Figur platziert
  • Die Brüste sind üppig und zeigen weit nach vorne
  • Die Hände wurden mit besonders feinen und deutlich erkennbaren Fingern geschnitzt
  • Das Schamdreieck und die Genitalien sind deutlich ausgeformt
  • Die Oberfläche der Venus ist durch mehrere tief eingeschnittene Linien gekennzeichnet
  • Die Bearbeitungsspuren wurden mittels Fluoreszenz-Mikroskopie bei uns fotodokumentiert

In Zusammenarbeit mit dem Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Universität Tübingen sind die von Dr. Bertrand Ligouis angebotenen, mikroskopischen Untersuchungen von hohem wissenschaftlichen Wert. Dieses Beispiel zeigt auch die enormen Möglichkeiten einer Übertragung der Kohlenpetrographie und ihrer Methoden in andere wissenschaftliche Fachbereiche.

Informationen zur „Venus vom Hohle Fels“ und deren Fundort geben:

  • N.J. Conard (2010): "Die Venus vom Hohle Fels." Urgeschichtliches Museum Blaubeuren, Museumsheft 9. Mit einem Beitrag vom S. Wolf
  • N. J. Conard (2009): “A female figurine from the basal Aurignacian of Hohle Fels Cave in southwestern Germany“, S. 248-252, Nature Vol. 459
  • National Geographic Deutschland (Juni 2009): „Die Venus aus der Höhle“, S.32-57